Das Verhalten von Führungskräften ist entscheidend, wenn eine komplexe und unsichere Umwelt Organisationen zu Veränderungen zwingt. Es gibt eine Reihe von Literatur, wie gute Führung aussehen sollte.
Weniger bekannt ist hingegen, welches Führungsverhalten eine Organisation in seinen Anpassungsprozessen, an die sich verändernden Umweltbedingungen behindert. Die psychologische Forschung beschäftigt sich erst seit etwas mehr als zwei Jahrzehnten mit den negativen psychischen Ausprägungen von Führungskräften und deren Auswirkungen auf die Mitarbeitenden.
Malcolm Higgs, emeritierter Professor an der University of Southampton hat im Jahr 2009 eine sogenannte dunkle Triade, bestehend aus Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus beschrieben. Diese Triade bildet seiner Ansicht nach die Grundlage für Dark Leadership. Im Jahr 2016 untersuchten die Psychologinnen Prof. Dr. Judith Volmer und Iris Koch von der Universität in Bamberg die Auswirkung dieser dunklen Triade etwas differenzierter betrachtet, in dem sie die drei Kriterien einzeln beforschten. Und sie kamen zu einer erstaunlichen Erkenntnis:
Führungskräfte die im Stil von Machiavelli, mit rücksichtsloser Machtpolitik ihre Position behaupten und jegliches ethisch-moralische Prinzip über Bord werfen, beuten ihre Mitarbeiter:innen emotional aus. Sie proklamieren die Erfolge ihrer Mitarbeitenden für sich, während sie den eigenen Misserfolg anderen zuschreiben. Ihnen wird ein hochmanipulativer Führungsstil nachgesagt, der keinerlei Widerspruch zulässt. Wenn Machiavellisten unzufrieden sind oder mit ihrem Verhalten konfrontiert werden, ist Aggression ihr Mittel der Wahl.
Bezeichnend ist, dass sie auf die emotionalen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen keine Rücksicht nerhmen. Sie sehen Menschen als funktionales Instrument des eigenen Machterhalts. Ihr Grundsatz lautet, Karriere und Moral schließen sich gegenseitig aus. Die Folgen dieses Führungsstils sind emotional erschöpfte Mitarbeiter:innen, die aus Angst vor Repressionen „Dienst nach Vorschrift“ leisten und versuchen durch das Vermeiden von Fehlern ihr Überleben sichern.
Die Karrieren von Macciavelisten sind häufig davon geprägt, Allianzen zu schmieden und diese für sich arbeiten zu lassen. Sie können sehr überzeugend wirken und haben ein gutes Gespür für Gelegenheiten, in denen sie sich darstellen können. Sie sind in traditionellen Unternehmen eher zu finden als in Startups.
Bei Führungskräften mit psychopathischen Tendenzen ist der Zusammenhang mit der Unzufriedenheit der Mitarbeiter:innen am höchsten. Auf Grund ihrer geringen Impulskontrolle und wechselnder Frustrationstoleranz sind sie für ihre Mitarbeitenden nicht einschätzbar. Da sie häufig Lügen, wird ihnen kein Vertrauen entgegengebracht. Sie agieren tagesformabhängig und handeln häufiger im Affekt. Gleichzeitig haben sie die Fähigkeit sehr souverän und charismatisch zu wirken. Selbst kaum empathisch, verstehen sie es, Einfühlsamkeit vorzutäuschen.
Aktuelle Forschungen lassen darauf schließen, dass der Anteil an Führungskräften mit psychopathischen Tendenzen sechsmal höher ist als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Erfolgreiche Psychopathen sind also keine Ausnahme. Dabei haben Forschungen ergeben, dass sie bei Intellligenztest tendenziell schlecht abschneiden als der Durchschnitt.
Als unermüdliche Arbeiter werden psychopathische Führungskräfte von vielen geschätzt und erfüllen somit oft die Rolle des „harten“ Managers, der in Krisenzeiten gebraucht wird, um ein Unternehmen wieder auf Spur zu bringen. Doch auch wenn viele dieser Führungskräfte strauchelnden Unternehmen mit großem Elan zu neuem Glanz verhelfen, genau so häufig sind sie für deren Ruin von Unternehmen verantwortlich.
Die innere Leere, die für Menschen mit psychopathischen Zügen typisch ist, lässt sich jedoch nicht durch Karriere und Erfolg füllen. Das überhöhte Selbstwertgefühl benötigt kontinuierliche Bestätigung und kann doch nicht befriedigt werden.
Während sich die Eigenschaften und Auswirkungen von Psychopathie und Machiavellismus bei Führungskräften in vielen Bereichen ergänzen oder gar deckungsgleich sind, bilden die narzisstischen Führungskräfte eine Ausnahme.
Volmer und Kock fanden heraus, dass Narzissten nicht nur weniger gefährlich für die Organisation sind, sondern sogar positive Effekte auf die Mitarbeitenden haben. In der Theorie würde es naheliegen, dass narzisstische Führungskräfte kaum um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter bemüht sind. Jedoch konnten Volmer und Klock keinen Zusammenhang zwischen der narzisstischen Ausprägung der Führungskräfte und dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden feststellen.
Was sich aber gezeigt hat ist, dass Narzissten eher dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden Karriere machen. Die Begründung dafür liegt nach Ansicht der beiden Psychologinnen in dem Streben nach Anerkennung und Bewunderung. Aus diesem Grund werden Mitarbeiter von narzisstischen Führungskräften auch besser bezahlt. Auch scheinen sie ein gutes Händchen bei der Auswahl von Mitarbeitern zu haben. Wie ließe sich sonst erklären, dass ihre Mitarbeiter:innen schneller Karriere machen und bessere Gehälter erzielen.
Das bedeutet noch nicht, dass eine narzisstische Führungskraft gut geeignet ist, gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen eine Krise zu überstehen. Aber ein wenig Narzissmus scheint bei Führungskräften nicht schädlich zu sein.